Schwarzenbach verschiesst seinen Penalty

Die «Tschingge» waren einst verhasst, heute sind sie integriert. Jean Grädel inszeniert die zeitlose Thematik der Überfremdungsangst mit viel Humor und Liebe zum Detail. Gestern Donnerstag hatte das Stück «Tschingge» der Theatergesellschaft Appenzell Premiere im Theatersaal des Gymnasiums St. Antonius.

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Salamiaraber, Spaghettiapostel, Kommunisten und Mafiosi – solche Schimpfworte mussten sich die Italiener in den 1960er- und 1970er-Jahren in der Schweiz anhören. Und natürlich das bekannteste: Tschingge. Die Angst vor der Überfremdung war damals so gross, dass James Schwarzenbach in seiner Initiative verlangte, 300’000 Ausländer aus der Schweiz wegzuweisen. Wenige Tage vor dem Abstimmungssonntag im Juni 1970 siedelt Autor Adrian Meyer sein Stück «Tschingge» an.
Doch nicht nur die Abstimmung, auch das örtliche Grümpelturnier steht bevor. Bauunternehmer Hutter setzt seine Hoffnung auf die Italiener in seiner Mannschaft, besonders auf den Stürmer Fortunato Pozzi. Wenn seine Mannschaft gewinnt, wäre es der dritte Sieg in Folge, was für Hutter «mehr Wert ist als eine Lohnerhöhung». Doch genau Fortunato Pozzi landet nach einem Trainingsspiel mit einer Kopfverletzung im Spital – ausgerechnet im Bett neben dem Tschingge-Hasser Scheidegger. Der Konflikt ist vorprogrammiert.
Jean Grädel hat das Stück mit viel Liebe zum Detail inszeniert. Aus den Laiendarstellern hat er das Beste geholt, sie spielen überzeugend und auch die Sprache ist klar und deutlich. Die Kostüme (Priska Lämmler) versetzen die Zuschauer mit schrillen Farben, gepunkteten Kravatten und gestreiften Schlaghosen zurück ins Jahr 1970.
Der regierende Landammann Roland Inauen kann sich selbst noch an die Zeit erinnern, als die Italiener in die Schweiz kamen. Die humorvolle Inszenierung hat ihm sehr gut gefallen. «Man kann über die damalige Zeit lachen. Doch das Lachen bleibt einem auch im Hals stecken. Denn die Thematik ist ernst», sagt er. Die zeitlose Problematik des Fremdenhasses sei auf frische und witzige Art inszeniert worden. Auch Ständeratspräsident Ivo Bischofberger hat die Premiere gut gefallen. «Das Stück thematisiert ein ernstes Thema mit viel Humor. Das erinnert mich an Dürrenmatts groteske Komödien, in denen der Gesellschaft ein Spiegel vorgehalten wird», sagt er. Heute sind die Italiener integriert und akzeptiert. Das gebe Anlass, darüber nachzudenken, wie man die heutigen Ausländer ebenfalls integrieren könnte. Das Premierenpublikum war begeistert. Für Jean Grädel gab es Bravo-Rufe und für das Ensemble Standing Ovations.

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