Stellwerk und Zugsicherung: Die Modernisierung hinter den Kulissen

Seit dem 2. September 2018 testen die Appenzeller Bahnen (AB) die «Tango»-Züge auf der Neubaustrecke durch den Ruckhaldetunnel. Die optimale Abstimmung zwischen Rollmaterial und Infrastruktur ist in vollem Gange. Die kurze und intensive Testphase dieses Jahrhundertprojekts ist von millimeter- und sekundengenauer Arbeit geprägt. Hinter den Kulissen schlägt die Modernisierung nicht minder zu. Ein neues Zugbeeinflussungssystem ersetzt die bisherige Zugsicherung. Siemens nahm für Testzwecke zwischen St. Gallen und Teufen das weltweit erste Stellwerk «in the cloud» in Betrieb.

  • Kein Bild vorhanden.

    Kein Bild vorhanden.

Seit anfangs September sind auf der Neubaustrecke durch den Ruckhaldetunnel die neuen «Tangos» sichtbar. Bevor am 7. Oktober der fahrplanmässige Betrieb aufgenommen wird, finden zurzeit Testfahrten und Feinabstimmungen statt. Doch auch hinter den Kulissen prägt die Modernisierung den Alltag der AB. Siemens nutzt die Testphase, ein neues, digitales Stellwerk zu testen und somit den Beweis zu erbringen, dass ein Stellwerk von ihrem Standort Wallisellen aus über ein öffentliches Datennetz sicher und zuverlässig betrieben werden kann. Der Versuchsbetrieb wurde vom Bundesamt für Verkehr (BAV) bewilligt und läuft seit Beginn störungsfrei.

Ein Stellwerk ist eine Anlage zur Steuerung des Bahnbetriebs. Es stellt Weichen, Signale, Schranken und Blinklichter bei Bahnübergängen zur richtigen Zeit am richtigen Ort. Es ist das Herz eines sicheren Bahnbetriebs. Während bis vor wenigen Jahrzehnten noch an jeder Kreuzungsstelle eine eigene Anlage stand, die weitgehend manuell bedient werden musste, wurde später die Intelligenz des Systems zentral untergebracht. Von der zentralen Stelle verliefen schwere Kupferkabel zu den einzelnen Anlageteilen wie Schienen und Weichen entlang des Streckennetzes. Im Rahmen der Modernisierung der AB sind die Anlagen auf den neusten Stand der Technik gebracht worden: Dünnes Glasfaserkabel ersetzt dickes Kupferkabel, kleine Elektronikschränke ersetzen grosse Technikräume. Das spart Ressourcen in der Beschaffung und im Unterhalt. Mit dem Konzept, Stellwerke als Service-Dienstleitung anzubieten, testet Siemens bei den AB die nächste Stellwerk-Generation. Die Rechnereinheit des Stellwerks steht physisch nicht mehr vor Ort bei der Bahn, sondern in einem gesicherten Technikraum am Standort in Wallisellen. Die Datenverbindung ist mit bewährten Verschlüsselungsgeräten abgesichert. Eine Rückfallebene kann im Ereignisfall aktiviert werden. Nach Abschluss der laufenden, weltweit erstmaligen Testphase wird Siemens das digitale Stellwerk Anfangs Oktober 2018 zurückbauen und die Erkenntnisse des Versuchs in die Weiterentwicklung der Stellwerke einfliessen lassen.

Die Zugbeeinflussung ist eine weitere Sicherheitseinrichtung, welche beim Fahrzeug und in der Schiene eingebaut ist und miteinander kommuniziert. Die Zugbeeinflussung ZSI 127 ersetzt das vorhandene Zugsicherungssystem ZST 90. Mit Kontrollpunkten im Gleis, in der Fachsprache Balisen genannt, wird dem Fahrzeug rechtzeitig mitgeteilt, wenn ein Signal rot zeigt, ein Bahnübergang nicht richtig geschlossen ist oder die Geschwindigkeit reduziert werden muss. Das fahrzeugseitige Kontrollsystem überwacht nun den durch den Lokführer eingeleiteten Bremsvorgang und stellt sicher, dass die Bremskurve den Zug noch vor dem Gefahrenpunkt zum Halten bringt. Falls der Bremsvorgang zu gering ist, wird der Lokführer akustisch gewarnt oder wenn nötig leitet das System umgehend eine Schnellbremsung ein. Die neuen Züge auf dem Streckennetz der AB sind mit dieser neusten Zugbeeinflussungstechnik ausgerüstet. Das erhöht die Sicherheit der Fahrgäste weiter. Parallel dazu wurde ein grosser Teil der Anlagen im Schienenbereich bereits mit der modernsten Technik ausgerüstet. Weitere Ersatzmassnahmen erfolgen in Zusammenhang mit Bauarbeiten wie z.B. Bahnhofsumbauten.

Weitere Artikel